Ein Rundgang durch das historische Rathaus
Die Hansestadt Stade ist ihrer Geschichte sehr verbunden. Neben der wunderschönen Altstadt zeigt sich dies auch im historischen Rathaus, das noch immer Sitz der Verwaltung Stades ist. Die Sitzungsräume und andere historische Räumlichkeiten sind einen Blick wert. Täglich sind sie Anziehungspunkt für Interessierte und Touristen. Aber auch die Sitzungsräume im neuen Teil des Rathauses spiegeln die Verbundenheit Stades mit ihren Partnerstädten wider.
Der nachfolgende Rundgang soll Ihnen einen Einblick ermöglichen.
1279 wurde das erste Rathaus von der selbständigen, bereits der Hanse angehörenden Stadt errichtet. Es war kleiner, mit der Front zur Cosmae-Kirche, befand sich aber auf derselben Stelle wie der Nordflügel des heutigen historischen Rathauses. Daneben wurde auch ein Weinkellergebäude errichtet.
1659 wurde es in dem großen Stadtbrand zerstört, nur die gotischen Keller mit ihren Wölbungen blieben erhalten.
1667-1668 wurde unter der Schwedenherrschaft das zweite Rathaus (heute das historische Rathaus) errichtet, direkt auf den alten Kellern.
In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg entsprach das alte Rathaus zunehmend nicht mehr den Anforderungen der modernen Verwaltung. Nach langen Planungen wurde zwischen 1985 und 1988 dann ein neues Rathaus an das historische Rathaus angebaut und gleichzeitig das historische umfassend renoviert. Es galt dabei das Motto: "Altes erhalten, Neues gestalten."
Im Keller des alten Rathauses, der früher noch Erdgeschoss war – der Grund lag früher tiefer – befand sich eine Kaufhalle, da es eine der wichtigsten Aufgaben des Rates war, den Handel zu fördern und zu überwachen. Heute befindet sich dort ein Gastronomiebetrieb.
Im Obergeschoss über dem Ratskeller, mit seinen Wölbungen, fanden früher die Ratsversammlungen sowie Festlichkeiten und sogar Gerichtsverhandlungen statt. Über dem Portal auf der Westseite des Rathauses steht geschrieben:
"JUSTITIA ET PIETAS PAX ET CONCORDIA VERNENT. ANNO 1667 (GERECHTIGKEIT UND FRÖMMIGKEIT, FRIEDE UND EINTRACHT MÖGEN BLÜHEN. IM JAHRE 1667)"
Die Hansestube ist die ehemalige Ratsstube. Sie wird auch als "Herz" des Rathauses bezeichnet. Hier wurden wichtige Entscheidungen getroffen, und sie war bis 1955 das Dienstzimmer des Bürgermeisters. Danach und bis heute wird sie wieder als Sitzungszimmer genutzt. Über der Tür, die in den Vorraum führt, steht in goldener Schrift:
"CONSILIO ET DELI/BERATIONE OMNIA/FACIENDA SUNT! (MIT RAT UND ÜBERLEGUNG LÄSST SICH ALLES VOLLBRINGEN)."
Eine zweite Inschrift befindet sich in der Mitte der Längswand von einem Lorbeerkranz gerahmt über der Jahreszahl 1668, sie bedeutet: "TACITURNITAS/EST ANIMA/CONSILIORUM/1668 (VERSCHWIEGENHEIT IST DIE SEELE ALLER BERATUNGEN.1668.)"
An der Decke befindet sich ein Relief mit der Prudentia (Klugheit), die einen Spiegel sowie eine Schlange in ihren Händen hält. Sie hebt die Bedeutung des Raumes hervor. In einem Fenster auf der Nordseite befindet sich außerdem das Stader Wappen.
Trauzimmer
Das Trauzimmer war früher die Gerichtsstube. Über der Tür befindet sich ein in Gold und Silber gefasstes Stuckrelief. Zwei Greifen halten das Stader Wappen, welches in einem Volutenrahmen angebracht ist. Ein Engelskopf krönt das eingefasste Wappen. Über dem Relief steht in goldenen Lettern geschrieben:
"DEUS RES PENITUS DESPERATAS DONARE ET/CONSUMMARE VIRTUTIS SUAE MAGNITUDINE POTEST//.1668 (GOTT KANN KRAFT SEINER MACHTVOLLKOMMENHEIT SELBST VÖLLIG VERZWEIFELTE DINGE ZUM GUTEN KEHREN UND INS REINE BRINGEN. 1668)."
Das Trauzimmer wird außerdem durch die hohe Holzvertäfelung, flämische Leuchter sowie eichene Möbel geprägt.
Königsmarcksaal
Der Königsmarcksaal, der eigentliche Festsaal, ist der größte Saal im Rathaus und entspricht in seinen Ausmaßen dem Saal des ersten Rathauses. Er ist erst nach der Renovierung benannt worden nach dem Generalfeldmarschall Hans Christoph Graf Königsmarck (1600-1663), dem ersten Generalgouverneur der Schwedenzeit. Die Decke mit ihren Wölbungen von Andreas Henne ist ungewöhnlich und prägt diesen Saal, der erst 1672 fertiggestellt war. Im Gegensatz zum 17. Jahrhundert ist dieser Raum sehr einfach eingerichtet. Aus einer Inventarliste von 1687 geht hervor, dass der Saal sehr reich verziert war. Es gab einen ovalen Tisch und rund herum zwölf Stühle. In der dunklen Jahreszeit wurden sechs Leuchter auf den Tisch gestellt. Außerdem befanden sich zwei Messingarmleuchter zu beiden Seiten der Tür. Sie sorgten bei Festlichkeiten für die Beleuchtung. Zur Originalausstattung gehörte auch das große zweiflüglige Portal an der Ostseite. 1908 plante der Rat der Hansestadt Stade eine Neugestaltung des Saals. Es wurde ein Ideenwettbewerb veranstaltet. Dekorationsmaler aus Stade, Bremen, Hannover und Hamburg waren beteiligt. Theodor Herrmann aus Stade, damals in Hamburg, sah rundum Holzverkleidungen mit eingelassenen Malereien vor. Auf die Vertäfelung sollten allegorische Darstellungen, Wappen und Blumenranken gemalt werden. Dieser Entwurf war einer der Favoriten des Rates. Vor allem aus Geldmangel wurde dann aber doch auf eine Neugestaltung verzichtet und der Saal, wie der Berater Alfred Lichtwark, damals Direktor der Hamburger Kunsthalle, vorschlug, ganz einfach ausgemalt. Die farbigen Glasfenster sind 1934 von Christel Kuball aus Hamburg gefertigt worden. In den Fenstern sind auf der nördlichen Längsseite vier Zunftsiegel gesetzt worden. Von links das Siegel der Maurer und Steinhauer von 1721, das der Zimmerleute von 1663, der Bauhütte von 1663 und das Siegel der Goldschmiede von 1527. Auf der gegenüberliegenden Seite ist in den zwei äußersten Fenstern der letzte geprägte Reichstaler von 1686 zu sehen. Die Abbildung im großen Fenster an der Schmalseite stellt die Auseinandersetzung Stades mit Hamburg, sowie den Kornhandel und die freie Elbschiffahrt dar. Die Ausfahrt der Stader Handelsflotte ist, bedroht durch Hamburger Kriegsschiffe, vor dem Hintergrund der Stader Altstadt zu sehen. Über dem Glasbild sind der deutsche Adler und das Stader Wappen eingefügt, darunter das große Stadtsiegel neben der Medaille König Friedrichs IV. von Dänemark, die anlässlich der Eroberung Stades 1712 geprägt wurde. Dieser Raum wurde zu vielen Anlässen genutzt, zum jährlichen Ratswechsel sowie zum Empfang auswärtiger Gesandter und hochgestellter Persönlichkeiten.
Givat-Shmuel-Raum
Im ehemaligen Zimmer des Bürgermeisters sind die erhalten gebliebenen Sinnbilder erwähnenswert. An der Decke sind drei Embleme in Form von Stuckreliefs zu sehen, zu dem wahrscheinlich früher ein ganzes Programm gehörte. In der Renaissance und der Zeit des Barock gehörten solche Embleme zur Grundausstattung eines Rathauses. Die drei Embleme sind eine Mahnung an die Stadtväter, die Bürger einträchtig und immer zu ihrem Besten zu behandeln. Die Bilder zeigen einen Pelikan am Nest mit seinen Jungen. Der Elternvogel verletzt sich mit dem Schnabel an der Brust, um mit dem eigenen Blut seine Jungen zu nähren. Diese Abbildung hat die Bedeutung der Fürsorge und Opferbereitschaft. Darunter steht geschrieben:
"PRO LEGE ET GREGE (FÜR DAS GESETZ UND DAS VOLK)."
Im zweiten Emblem stützen zwei Krähen ein Lilienzepter, das senkrecht auf einem verzierten Sockel steht, eine dritte fliegt von links heran und berührt das Zepter ebenfalls. Die Botschaft dieses Emblems lautet: "CONCORDES VIVITE (LEBT EINTRÄCHTIG)."
In der dritten Abbildung hält eine Hand aus dichten Wolkenwirbeln ein großes Bündel Hirse. Die Kopfzeile lautet:
"SERVARI ET SERVARE MEUM EST (MICH UND ANDERE ZU BEWAHREN IST MEIN TEIL)