Stades Stadtdirektoren 1946-2006
Das Amt des Stadtdirektors
Das Amt des Stadtdirektors in Niedersachsen war durch die kommunalen Strukturen der britischen Besatzungsmacht nach dem 2. Weltkrieg festgelegt. Emil Beyer wurde damals, im Mai 1945, vom britischen Militär zum Bürgermeister ernannt. Er wurde 1883 in Lübeck geboren, zog 1908 nach Stade und war zunächst bei der Polizei angestellt. Dort stieg er auf und wurde 1933 Magistratsobersekretär bzw. Registrator bei der Stadt.
Der von Beyer einberufene Beirat bestand anfangs aus je drei Mitgliedern der SPD und der Niedersächsischen Landespartei (NLP) und wurde bis Ende 1945 auf bis zu 29 Mitglieder, darunter 6 der KPD, erweitert, um ein parlamentarisches Gremium zu bilden, das schließlich vor allem bei der Verwaltungsarbeit behilflich sein sollte. Im Januar 1946 beschloss der wachsende Beirat erstmals eine „Satzung der Stadt Stade“, womit eine Gewaltenteilung durchgeführt wurde. Verwaltung und Politik sollten bereits auf kommunaler Ebene durch die Ämter des Bürgermeisters und des Stadtdirektors strikt getrennt werden. Somit kam es zu einer sogenannten „Zweigleisigkeit“. Als erster ehrenamtlicher Bürgermeister in Stade wurde Nicolaus von Borstel gewählt. Der erste Stadtdirektor, Rudolf Gerstung, wurde im Mai 1946 gewählt.
Dr. Werner Peterssen (1951-1960)© Hansestadt StadeNeun Jahre später, im April 1955, wurde die neue
Kurt Bellenbaum (1960-1972)© Hansestadt StadeStruktur in der Niedersächsischen Gemeindeordnung gefestigt. Die NGO sah vor, dass der Stadtdirektor vom Rat auf 6 oder 12 Jahre gewählt wurde, denen eine Probedienstzeit von weniger als einem Jahr vorausging (§ 66 Abs. 1, 4). In Gemeinden mit mehr als 3000 Einwohnern war er hauptamtlich tätig. Er wurde in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen, war also politischer Beamter. Seine Stelle wurde öffentlich ausgeschrieben (§ 66 Abs. 2, 3). Seine Hauptzuständigkeit lag in der Leitung der Verwaltung, darüber hinaus bereitete er Beschlüsse des Verwaltungsausschusses vor, führte sie aus und nahm vom Rat oder vom Verwaltungsausschuss übertragene Angelegenheiten wahr (§ 71 Abs. 1). Dem Verwaltungsausschuss selbst gehörte der Stadtdirektor nur beratend an. Sein allgemeiner Vertreter war ein Angestellter der Gemeinde, welcher vom Rat oder durch die Hauptsatzung der Stadt bestimmt wurde (§ 71 Abs. 3).
Eine Hauptsatzung war von jeder Stadt bzw. Gemeinde selbst zu erlassen. Sie legte fest, welche Aufgabenbereiche der Gemeinde vorbehalten waren. Dem Stadtdirektor gegenüber stand der demokratisch gewählte Rat unter dem Vorsitz des Bürgermeisters, welcher rein ehrenamtlich tätig war und außerdem den Vorsitz des
Dr. Jürgen Schneider (1972-1994)© Hansestadt StadeVerwaltungsausschusses innehatte (§ 64). Auch der
Dirk Hattendorf (1994-2006)© Hansestadt StadeBürgermeister wurde vom Rat gewählt (§ 49 Abs. 1). Der Bürgermeister hatte, im Gegensatz zum Stadtdirektor, eine eher repräsentative Funktion. Die Verlagerung der Zuständigkeit für die Verwaltung führte oft zu Missverständnissen, da in anderen Bundesländern die Angelegenheiten, für die in Niedersachsen der Stadtdirektor verantwortlich war, dem Bürgermeister oblagen. Auch aus diesen Gründen kam es immer wieder zu Änderungen der NGO, die dem Bürgermeister immer mehr Einfluss zusprachen. In Stade waren vor allem in den 70er und 80er Jahren die Zuständigkeiten von „Bürgermeister“ und „Stadtdirektor“ ein umstrittenes Thema. Der damalige Stadtdirektor, Dr. Jürgen Schneider, ist der Stadt jedoch mit großem Engagement im Gedächtnis geblieben, da er unter anderem die Altstadtsanierung vorantrieb. Nach einer Reform des Niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts 1996 wurde die NGO den anderen Gemeindeordnungen Deutschlands angepasst. Damit wurde eine „Eingleisigkeit“ eingeführt und der Bürgermeister direkt von den Bürgern gewählt. In Stade blieb das Modell der „Zweigleisigkeit“, im Rahmen einer Übergangsfrist jedoch bis 2006 mit dem letzten Stadtdirektor Dirk Hattendorf bestehen.
Mit dem Inkrafttreten des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes im November 2011 trat die NGO endgültig außer Kraft. Das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz gilt seitdem als „Gemeindeverfassung“ der niedersächsischen Städte, Landkreise und Gemeinden und legt die Rechtsgrundlagen für die kommunalen Strukturen fest.
Stadtdirektoren der Hansestadt Stade
1946 – 1947 Rudolf Gerstung
1948 – 1949 Emil Otto
1950 – 1951 Walter Hageneier
1951 – 1960 Dr. Werner Peterssen
1960 – 1972 Kurt Bellenbaum
1972 – 1994 Dr. Jürgen Schneider
1994 – 2006 Dirk Hattendorff