Denkmalroute Altstadt
Historisches Rathaus Stade
Unser Rundgang beginnt in der Hökerstraße. Der (Neu)bau des historischen Rathauses wird im Juni 1667 begonnen und Ende 1668 abgeschlossen. Auffällig ist das eindrucksvolle Portal. Die Inschrift über dem Portal bezieht sich auf die oberhalb angebrachten Figuren: Links Prudentia, die Klugheit mit Spiegel und Schlangen, und rechts Justitia, die Gerechtigkeit mit Waage und Schwert und unverbundenen (!) Augen.
Die Inschrift lautet übersetzt: „Gerechtigkeit und Frömmigkeit, Friede und Eintracht mögen blühen.“ Zwei Löwen halten das schwedische Königswappen, darunter ist das kleinere Stadtwappen zu sehen. Der nach dem großen Stadtbrand von 1659 neu errichtete Rathausbau fällt in die Regierungszeit der Schweden, die Stade 1645 erobert und bis 1712 zur Verwaltungs-, Festungs- und Garnisonsstadt ausbauten.
Im Inneren ist die zweiläufige hölzerne Barocktreppe unbedingt sehenswert. Ebenso die schmuckvoll umrahmten Zimmertüren. Im Obergeschoss erinnert der Königsmarcksaal an Hans-Christoph Königsmarck, der die schwedischen Truppen befehligte und Stade besetzte. Zum Komplex des Rathauses gehören mehrere Nebengebäude, in denen heute Büros untergebracht sind: Ratsweinkellerhaus, eigentlich ein Doppelhaus, sowie das Ratswärterhaus zwischen dem nördlichen Ratsweinkellerhaus und dem Westflügel.
Der Ratskeller ist über den heutigen Treppenabgang an der Nordseite zu erreichen. Er wird derzeit zu besonderen Anlässen geöffnet und genutzt. Der Gewölbekeller beinhaltet Teile eines früheren Hallenbaus, der 1279 als „hus vor dhen rat“ erwähnt wird. Im damaligen Untergeschoss wurde in der Kaufhalle gehandelt, während im zweiten Geschoss ein Saal für Ratsversammlungen, Gerichtssitzungen u. ä. vorhanden war.
© Stade TourismusDer Weg führt weiter zur benachbarten Cosmaekirche. Der vollständige Name lautet St. Cosmae et Damiani, nach den Märtyrer-Ärzten Cosmas und Damian aus dem 3. Jh. Ursprünglich soll bereits um 1000 hier eine Kirche gestanden haben. Das heutige Erscheinungsbild setzt sich aus den Um- und Anbauten des 15. bis 17. Jahrhunderts zusammen. Auch die St.-Cosmae-Kirche wurde vom ausbreitenden Stadtbrand 1659 erfasst, dem vor allem der Turm, die Südseite in Richtung Rathaus sowie die Innenausstattung zum Opfer fallen.
Nach dem Wiederaufbau 1661 wird die weltberühmte große Orgel ab 1668 durch Berend Huß und 1682-84 von Arp Schnitger eingebaut, die heute noch bespielt wird und zu bewundern ist. 1834 werden der Gertrudenaltar sowie ein Kreuzigungsrelief aus der benachbarten abgebrochenen Nikolaikirche in St. Cosmae aufgestellt.
Ihren barocken Turmhelm erhält sie 1682-84 durch den Baumeister Andreas Henne. Nach umfangreichen Restaurierungs- und Instandsetzungsarbeiten zeigt sie sich heute als eine von nur noch zwei übrig gebliebenen Kirchen innerhalb der Altstadt.
Von der St. Cosmae et Damiani setzt sich der Rundgang fort auf der Hökerstraße. Auf der linken Seite zeigt sich das
Hökerhus
Im Unterschied zur rechten Straßenseite bleiben die Gebäude hier vom Stadtbrand verschont. Das Hökerhus wird im 14./15. Jh. als Kaufmannshaus errichtet und zeigt sich bis heute mit reich verzierter Fachwerkfassade von 1650. Im Inneren ragt die Diele über zwei Geschosse. Das Blendbogenmauerwerk der Südwand wurde bei Sanierungsarbeiten wieder hergestellt. Heute befinden sich Läden, ein Café sowie Wohnungen im Obergeschoss.
Wenige Schritte entfernt steht in der Bäckerstraße das sogenannte
Traufenhaus
Es ist eines der ältesten Gebäude und erstreckt sich als Doppelhaus von der Bäckerstraße 1 und 3 bis in die Hökerstraße 33. Es wurde 1590 als dreigeschossiges traufenständiges Haus errichtet. Das bedeutet, dass es sich mit der Traufe statt eines Giebels zur Straße hin zeigt. In der Altstadt ist diese Bauform ungewöhnlich.
Beide Obergeschosse ragen deutlich in den Straßenraum hinein. Die reich verzierten Fachwerkelemente spiegeln den Reichtum der damaligen Tuchhändler und Gewandschneider wieder. Ein Blick auf die kräftig farbig abgesetzten Muschel- und Fächerrosetten oberhalb der geschnitzten Konsolen lohnt.
Erst im 19. Jh. werden die Häuser Bäckerstraße 1 und 3 voneinander getrennt. Ebenso das Haus Nr. 33 in der Hökerstraße. Wegen umfangreicher Umbautem sind im Inneren kaum Spuren aus der Erbauungszeit zu finden. Zurück auf der Hökerstraße führt der Weg hinunter zum Fischmarkt. Hier steht der
Holzkran
Der Holzkran hievte ursprünglich Schiffsladungen an Land. Je nach Schwere der Last wurden von ein bis zwei Tretern Hebeketten in Gang gesetzt, an denen die Ware hochgezogen und anschließend in der Stadtwaage gewogen wurde. Das Gebäude steht heute noch in der Mitte des Fischmarktes. Es dient als Wohnhaus und beherbergt im Erdgeschoss eine Weinhandlung.
Der Kran hatte einen erstmals 1337 erwähnten Vorgängerbau. Auch er wurde Opfer des Stadtbrands. Die Stadt veranlasste 1661 den Wiederaufbau in Eiche, um wieder beträchtliche Pachtsummen für die Benutzung einnehmen zu können. Er soll eine Tragkraft von 5 Tonnen gehabt haben 1878. Zwanzig Jahre später wurde er mit der offiziellen Begründung abgebrochen, er behindere den Fahrverkehr auf dem Fischmarkt,.
Wer genau hinsieht, wird feststellen, dass sich der jetzige Holzkran nicht drehen lässt. Er ist ein Nachbau eines baugleichen Tretkrans in Lüneburg und wurde 1977 nach Plänen des Architekten Hans-Otto Schlichtmann auf Initiative des Stader Rotary Clubs ohne Tretwerk wieder errichtet. Wir wechseln die Hafenseite und gehen hinüber zum Wasser West.
Kunsthaus Wasser West
Im Vergleich zu den umstehenden Häusern ragt dieses Kaufmannshaus deutlich über die benachbarten Gebäude. Es diente früher als Wohn- und Speichergebäude. Ob das Fachwerkhaus vom Stadtbrand 1659 betroffen war, ist nicht überliefert. Eine Inschrift im Sturz der ehemaligen Speicherluke weist darauf hin, dass die Fassade 1667 erneuert worden ist.
Die drei Vollgeschosse kragen in den Straßenraum hinein. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss sind mittig und an den Ecken Fußstreben Teil des Fachwerks. Geschnitzte Balkenköpfe und vier verzierte Konsolenreihen zeugen vom damaligen Reichtum. 1969 wird das bedeutende Gebäude vom Landkreis erworben und zwischenzeitlich u.a. als Kreisjugendmusikschule genutzt, bevor es 1985-87 grundlegend saniert und zur Galerie umgebaut wurde.
Seitdem dient es als Kunsthaus mit wechselnden Ausstellungen und ist Teil des Stader Museumskonzepts. Vom Wasser West 7 führt die Tour zum
Bürgermeister-Hintze-Haus
Das Haus Wasser West 23 ist im Kern ein spätmittelalterliches Kaufmannshaus, das vom Stader Stadtbrand verschont blieb. Innen waren über einen schmalen Gang abgeteilte Kammern zu erreichen. Eine große Kaufmannsdiele reichte über die ersten beiden Geschosse. Das tiefe Grundstück wurde 23 m überbaut und ist zum Wasser West 8,50 m breit.
Das Erscheinungsbild wird 1621 durchgreifend verändert als der Stader Bürgermeister Heino Hintze eine aufwändig gestaltete Zierfassade im Stil der Weserrenaissance vor das Gebäude setzen ließ. Grauweißer Sandstein fasst Flächen aus verputztem Backstein ein. Links und rechts des Portals sind die Wappen Hintzes und seiner Ehefrau zu erkennen. Typisch sind die sieben Turmaufsätze, die den Treppengiebel zur Straße bekrönen.
Da der Alte Hafen früher nicht durch ein Sperrwerk vor den Sturmfluten der Elbe geschützt wurde, standen bei ungünstiger Wetterlage die Hafenbereiche Wasser West und Ost unter Wasser. Die Gebäudesubstanz durchfeuchtete entsprechend. Treppenanlagen, die vor vielen Häusern zum höher gelegenen Erdgeschoss führen, verhinderten, dass das einströmende Wasser die Erdgeschossebene erreichte.
Das Bürgermeister-Hintze-Haus ist nach Überschwemmungen so baufällig, dass es wegen mangelnder Standfestigkeit 1930 abgebrochen werden musste. Unter Verwendung alter Werkstücke wird es in den Jahren 1932-33 nur zu etwa zwei Dritteln wieder aufgebaut. Dabei erhält die Fassade ihr heutiges Aussehen. Zugleich erhöht man das Erdgeschoss und baut die Haustür aus dem 18. Jh. nach. Die spätgotischen Seitenwände zu den Nachbarhäusern Nr. 21 und 25 bleiben erhalten. Heute befinden sich ein Galerie und Büro- und Wohnräume im Gebäude. Nur wenige Schritte weiter fällt ein imposantes Gebäude am Ufer Wasser West auf. Das
Schwedenspeicher Museum
Wäre die ursprüngliche Absicht, das monumentale Speichergebäude aus der Schwedenzeit in den siebziger Jahren abzureißen und hier Parkplätze zu schaffen, umgesetzt worden, wäre Stade sicherlich heute um eine Attraktion ärmer. Ab 1692 wird direkt am heutigen Alten Hafen mit dem Bau des neuen Provianthauses für die schwedische Garnison begonnen. Nach längerer Baupause wird der Speicher erst 1703-05 fertiggestellt.
Auf 41 mal 16 Metern entsteht ein Großbau, der im Unterschied zur Kleinteiligkeit der Altstadtbebauung zwei Voll- und drei Dachgeschosse erhält. Der Eingang wird in Sandstein gefasst und trägt das Königswappen Karls XII. Im 19. Jh. wird der Bau als Lagerhaus genutzt und verfällt nach 1945 zunehmend. Nach privaten Initiativen zum Erhalt des Gebäudes beschließt der Rat 1974 hier ein Museum für die Regionalgeschichte einzurichten. Ein Museumsverein gründet sich Ende 1976.
Das Museum zeigt Exponate zur Ur- und Frühgeschichte Stades, sowie zur Stadt- und Regionalgeschichte. Außerdem bietet es nach umfangreicher Überarbeitung des Ausstellungskonzepts Räume für kulturelle Veranstaltungen und Wechselausstellungen.
Über die Betonbrücke Hansestraße wechseln wir das Hafenufer und gehen zum gegenüberliegenden Wasser Ost. Hier erwartet das kleine Baumhausmuseum neue Besucher.
Baumhausmuseum
Auf Betreiben des Staders Hans Jürgen Berg und mit Unterstützung der Stadt wird das Baumhaus in den 1990er Jahren zum Privatmuseum ausgebaut. Das Gebäude war ursprünglich größer und wird nach Abbrand 1774 zum zweiten Mal errichtet. Der Baumschließer oder Baumschreiber hatte die Aufgabe, Zoll zu erheben und kein Schiff ohne Erlaubnis des Rates mit Bier oder Wein an Bord in den Hafen einlaufen zu lassen. Ebenso war es verboten, Güter ohne Zollzahlungen auf dem Wasserweg aus Stade auszuführen.
1816 erhielt der Baumschreiber im Gebäude seine Dienstwohnung. Heute stellt der Betreiber ungezählte kleinere gesammelte Ausstellungsstücke im Erdgeschoss aus und trägt so zum Verständnis der Geschichte „Alt-Stades“ bei.
Rund um den Fischmarkt, an Wasser West und Ost sowie in der Salzstraße befinden sich auf engem Raum etliche Lokalitäten, die sich für eine kulinarische Pause anbieten. Vom Wasser Ost empfiehlt es sich über die Baumhausstraße, den Spiegelberg und die Bürgerstraße auf historischem Kopfsteinpflaster in die Johannisstraße zu gehen. Hier steht das sehenswerte
St. Johanniskloster
Zur Historie des Klosters gehört der Name Abt Alberts. Seine Gedenkplatte findet sich auf der Westseite der Klosteranlage. Seine Absicht war es, das außerhalb der Stadtbefestigung liegende Kloster St. Marien der einflussreichen Benediktiner in ein Zisterzienserkloster umzuwandeln. Nachdem dieser Versuch trotz der zugesagten Unterstützung des Papstes fehlschlägt, tritt Albert zusammen mit weiteren Benediktinern um 1236 zur neugegründeten Stiftung des St. Johannisklosters über.
Das Kloster wird auf dem Grundbesitz der Stader Vögte nahe dem Salztor angelegt. Die Verwaltung obliegt Mitgliedern des Stader Rates. Der Stader Stadtbrand zerstört 1659 auch weite Teile der Klosteranlagen. 1672/73 wird der heute noch vorhandene dreiflügelige Bau errichtet. Auf zwei Etagen werden 60 kleine Zimmer für Arme und Alte bereitgestellt. Dieses Altersheim bleibt bis 1972 bestehen. Nach denkmalgerechter Sanierung ziehen ab 1981 soziale und kulturelle Einrichtungen hier ein.
Archäologische Grabungen fördern die Grundmauern der Klosterkirche aus dem 13. Jh. zutage. Im Innenhof der U-förmigen Klosteranlage sind heute die südliche Außenmauer der Klosterkirche und eine Stützpfeilerreihe ansatzweise wieder zu entdecken. Eine Skulptur des Mönches Abt Albert ergänzt das Ensemble im Innenhof. Von der Johannisstraße führt der Weg in Verlängerung auf die Seminarstraße. Rechts erhebt sich die
St. Wilhadikirche
Eine dreischiffige gewölbte Hallenkirche aus Backstein mit gedrungen wirkendem Turm und kleinem Zeltdach. Die ehemals schlankere zwiebelförmige Turmhelm entstand 1667 und wurde 1724 nach einem Blitzeinschlag zerstört. Er stürzte in den Innenraum. Dabei wurde auch die von Berend Huß und Arp Schnitger gebaute Orgel ein Opfer der Flammen. Erasmus Bielfeldt setzte 1731-36 eine neue Orgel ein. Heute ist sie ein Teil der hörens- und sehenswerten Stader Orgellandschaft. Große Teile der Innenausstattung stammen aus der Zeit zwischen 1660 und 1677. Bei Sanierungsarbeiten wurden Teile der historischen Ausmalungen freigelegt, die die ursprüngliche Farbigkeit des Innenraums wiedergeben. Bis 1789 befand sich ein Friedhof um die Kirche herum.
Vom Wilhadikirchhof führt der Rundweg über die kleine Straße Bei St. Wilhadi zur Großen Schmiedestraße, die gequert wird, und weiter über die Fußgängerzone Goos über den Pferdemarkt zum nächsten Bau aus der Schwedenzeit:
Das Zeughaus am Pferdemarkt
1696 begannen die Planungen für einen zweiten Großbau innerhalb der Stadtbefestigung. Die Schweden entschieden, dass nach den Plänen des Baumeisters Andreas Henne ein Zeughaus auf dem Pferdemarkt entsteht. Nach gut einjähriger Bauzeit wurde der Massivbau 1699 fertiggestellt. Die Südseite bzw. Stirnseite zeigt sich mit einem aufwändig gestalteten Rundbogenportal. „Anno 1698“ lautet die Inschrift. Außerdem ist das Monogramm „C XII“ mit schwedischer Königskrone und Kriegsemblemen im Sandsteinrelief zu finden. Das Zeughaus wurde als dreischiffige Halle konzipiert und bis 1919 für militärische Zwecke genutzt.
Danach diente es als Markthalle, Jugendherberge und Lager, schließlich ab 1952 als Kino im Zentrum der Stadt. Die wechselnden Nutzungen hatten größere Eingriffe in die Konstruktion zur Folge. In der ersten Hälfte der 90er Jahre erfolgte der letzte größere Umbau, um das seit Jahren leer stehende Gebäude wieder sinnvoll mit Leben zu füllen. Das Zeughaus dient heute als Veranstaltungsort mit Gastronomie im Erdgeschoss sowie Büro- und Praxisräumen in den darüber liegenden Geschossen.
Landesweit sorgten die Grabungsfunde der Stader Stadtarchäologie für Aufsehen als 1993 das Grab des im Stader Exil gestorbenen Bremer Erzbischofs Gottfried von Arnsberg freigelegt werden konnte. Im Kellergeschoss ist die Gruft des Erzbischofs zu besichtigen. Ebenso wird hier die Lage des ehemals größten Kirchenbaus Stades deutlich, der St. Georgs-Kirche. Die Archäologen haben die Fundamentreste und Grabungshorizonte eindrucksvoll dargestellt. Nach Besichtigung des Zeughauskellers kehren wir „an die Oberfläche“ zurück.
Wir befinden uns am Zeughaus im heutigen Zentrum der Altstadt und wenden uns vom Pferdemarkt der Steilen Straße zu. An diesem Ort wird deutlich wie stark das Gelände in Richtung Nordwesten abfällt. Linkerhand stehen kleinere Wohn- und Bürogebäude bis wir auf einen Torbau stoßen. Dieses Fachwerkgebäude ist das
Hahnentor
Dieses zweigeschossige traufständige Fachwerkhaus ist im Erdgeschoss zur Hälfte geöffnet und bildet ein Tor. Heute dient das Tor als Durchgangsmöglichkeit zur Kalkmühlenstraße, die im Zuge der Altstadtsanierung zur Fußgängerstraße umgestaltet worden ist.
Bemerkenswert ist die offen sichtbare Lehmwickeldecke im Durchgang. Kräftig profilierte Kopfbänder stützen die Sturzbalken des Tores. Zur Steilen Straße hin ist die Jahreszahl 1658 zu lesen. Nach langjährigem Leerstand und zunehmendem Verfall wurde das markante Torhaus ab 1995 grundlegend saniert und ist heute wieder bewohnt.
Von der Kalkmühlenstraße aus besteht die Möglichkeit, ein weiteres Museum zu besuchen. Das Heimatmuseum in der Inselstraße.
Heimatmuseum
Auf der Königsmarck-Bastion am Westrand der Stadtbefestigung kaufte der Stader 1856 gegründete Geschichts- und Heimatverein ein Grundstück zum Bau eines eigenen Gebäudes. Die umfangreichen Sammlungen zur Orts- und Heimatgeschichte wurden in dem 1904 im neogotischen Stil errichteten Gebäude ausgestellt. Heute sind Sammlungen zur bürgerlichen und bäuerlichen Kultur mit sehenswertem Schwerpunkt Altländer Trachten zu finden.
Von der Inselstraße lohnt sich der Weg zum nahegelegenen Freilichtmuseum auf der Insel. Wir queren die Neubourgstraße und gelangen auf der hölzernen Woltmannbrücke zum
Freilichtmuseum Insel
Der schwedische Generalgouverneur und Festungszeichner Erik Jönsson Dahlberg (1625-1703) entwarf den Plan zur Festung Stade. Seit dem Mittelalter hatte eine Stadt das Recht sich zu schützen und zu verteidigen. Spätestens seit 1180 waren große Teile der Stader Altstadt durch Wall und Grabenanlagen geschützt. Im 16. Jh. baute man die Befestigung durch Mauer und Türme aus. In der Schwedenzeit wurden die vor den Stadtmauern liegenden Wiesen, die Bürger zum Bleichen von Leinen nutzen durften, Teil der Befestigungsanlage. Hier entstand das Bleicherravelin. Eine vom Wasser des Festungsgrabens umspülte Fläche.
Nach offizieller Aufgabe der Festung 1867 begann die Entfestigung und von ehemals 9 Bastionen bleiben nur noch 4 übrig. Ebenso bleiben nur noch 2 Ravelins statt ursprünglich 4 erhalten. Die Festungsgräben werden verengt. Das Bleicherravelin wurde schon ab 1825 für Freizeitzwecke genutzt: Eine Militärbadeanstalt und eine erste Gastwirtschaft wurde 1846 angelegt, die nur über einen Fährkahn erreicht werden konnte.
Schließlich wurde die „Insel“ über eine Schwimmbrücke mit der heutigen Inselstraße verbunden. Diese Straße wurde ab 1903 in Inselstraße umbenannt, nachdem im selben Jahr der Plan entstand, auf der Insel ein Freilichtmuseum einzurichten. Die Stadt erwirbt auf Initiative des Bürgermeisters Jürgens das Gelände 1909 von der Militärverwaltung und verpachtet es dem Geschichts- und Heimatverein, dessen Vorsitzender Jürgens war. Nach Plänen des Gartenarchitekten Roselius und des Architekten Högg werden in den Jahren 1912 – 1914 die ersten beiden Gebäude aus Varel und Huttfleth in die Anlage einbezogen.
Erst nach dem 2. Weltkrieg werden weitere 5 Bauwerke auf die Insel transloziert. Das Inselhaus aus Varel bei Scheeßel brennt im Dezember 1992 durch Brandstiftung völlig ab und wird 1993/94 durch das Haus Himmelpforten Nr. 6 mit Giebel von 1641 rekonstruiert und ersetzt. Die Insel ist traditionell Versammlungsort des über 150 Jahre alten Stader Heimat- und Geschichtsvereins und beherbergt nach wie vor ein Restaurant. Ebenso wird sie wieder von einem elektrisch angetriebenen Spreewaldkahn angesteuert, der Altstadtbesucher zur Rundtour auf historischem Wasserweg einlädt.
Von der Insel empfiehlt es sich auf den alten Wallanlagen bis zur Kreisjugendmusikschule zu laufen
Kreisjugendmusikschule
Auf der Westseite des Altstadtringes ist der Sitz der heutigen Kreisjugendmusikschule. Sie wird nach längeren Vorbereitungen 1964 als eingetragener Verein gegründet und wandert zunächst von einem Provisorium zu nächsten bis sie 1984 die ehemalige Landwirtschaftsschule beziehen kann.
Das repräsentative Gebäude wird nach Plänen des Dresdener Architekten Emil Högg in den Jahren 1913/14 als „Landwirtschaftliche Kreiswinterschule“ auf der noch verbliebenen Georgsbastion errichtet. Im Winter 1944/45 dient das Haus vorübergehend als Lazarett. Nach Zusammenfassung aller landwirtschaftlichen und gärtnerischen Berufsschulen zur „Berufsbildenden Schule III“ wird der gemeinsame Neubau an der Glückstädter Straße bezogen.
Der Weg der besonderen baulichen Sehenswürdigkeiten in der Stader Altstadt führt von der Kreisjugendmusikschule zur gegenüberliegenden Bungenstraße, die die folgenden drei Baudenkmale bietet.
Historische Gaststätte Knechthausen
Das heutige Gebäude besteht aus zwei Häusern. Erstmals wird das Knechthausen 1491 als Eigentum der Stader Brauerknechte erwähnt. Bereits 1692 wird das Nachbarhaus Nr. 20 als „kleines Knechtshaus“ von der Brauergilde erworben und mit dem Haus Nr. 22 im Inneren verbunden.
Jeweils für 7 Jahre wird die Gastwirtschaft an ein Mitglied der Gilde verpachtet. Das Knechthausen ist der Versammlungsort der Brauerknechte. Das Vorrecht des Totentragens stammt aus dem Jahr 1604. Auf diese Zahl stoßen wir, wenn wir über den Hauseingang blicken. Der Rosenort ist die große Diele, die auch heute noch zu erkennen ist. Sie soll vermutlich der Leprosenschau gedient haben. Damals war Lepra eine häufig vorkommende Tod bringende Krankheit, gegen die sich die Brauerknechte der Legende nach durch das Trinken von „Eierbier“ zu wappnen wussten.
Das „Knechthausen“ ist heute ein privat betriebenes Restaurant, das im Erdgeschoss des Doppelhauses Kundschaft aus Nah und Fern anzieht. Darüber liegen Wohnräume. Nur wenig weiter finden wir auf der selben Straßenseite das
Senatorenhaus
Es liegt praktisch dem Knechthausen an der Kurzen Twiete gegenüber in der Bungenstraße 18. Das Gebäude war im 17. Jh. im Besitz reicher Brauerfamilien, wurde allerdings 1712 zur Zeit der dänischen Belagerung schwer beschädigt. 1779 war es im Besitz des Stader Bürgermeisters Adler, 1851 wurde es vom Getreide- und Holzhändler J. H. Hagenah gekauft.
Hermann August Borcholte, seit 1894 Senator der Stadt, erwarb das Gebäude ein Jahr zuvor und ließ es mit einer davor gestellten Putzfassade aufwerten. Dahinter befindet sich noch immer die alte Fachwerksubstanz. Auch im Inneren wurde es vollkommen dem Zeitgeschmack entsprechend umgestaltet. Seit 1983 ist es im Eigentum der Sparkasse Stade-Altes Land. An der Ecke Bungenstraße 2 / Kehdinger Straße steht das prächtige
Kramerhus
Ein dreigeschossiger Fachwerkbau mit vorkragenden Geschossen. Belegt ist, dass es im 17. Jh. im Besitz der Seidenkrämerfamilie Platja war. Es stellt sich bei grundlegenden Sanierungsarbeiten heraus wie wertvoll die ursprüngliche Ausstattung war. Nachweislich um 1600 angebrachte Deckenmalereien sowie eine jüngere aus dem 17. Jh. stammende Stuckdecke mit plastischen Fruchtmotiven sind im 1. Obergeschoss zu finden. Sie wurden erst 1985/86 entdeckt und wieder frei gelegt. Unser Rundgang endet hier am Fischmarkt.
Alle aufgeführten Gebäude sind Denkmale und zur Unterscheidung mit roten statt mit dunkelblauen Plaketten gekennzeichnet. Im Stadtgebiet gibt es fast 400 Baudenkmale. Sie sind oftmals nicht weniger wertvoll und sehenswert und zeigen, dass aus heutiger Sicht Gebäude aus den unterschiedlichsten Epochen in den verschiedensten Baustilen für denkmalwürdig erachtet wurden. Oftmals stehen sie direkt nebeneinander, auch wenn sie vom Gebäudevolumen und Fassadenbild sich nicht gleichen. Das Verbindende ist die Vielfalt und die Kleinteiligkeit der mittelalterlichen Grundstücksparzellen sowie die für die Region typischen roten Ziegeldächer, die die Ensembles gestalterisch wieder zusammenführen.